Die Auswertung des Fragebogens zur Kirche in Gardienen von Pfarrer Otte:

Auswertung Teil 1

In heute üblicher Schrift:

R.B. Königsberg — Kr. Neidenburg
Gardienen
adliches Gut und Dorf. – Eine Unterförsterei gl. N. liegt
im Kreise Pr. Holland.
A. Die evangelische Pfarrkirche unter gutsherr-
lichem Patronat. Nachrichten über die Gründung
und früheren Schicksale fehlen. Nach Goldbeck (a.a.O.
S. 51) war die Kirche Filiale von Waplitz/Kr.
Osterode) und ist jetzt eine zu Usdau geschlagene
Mater. Das vorhandene Gebäude soll um 1743 von
dem damaligen Patron, Erbhauptmann Graf von Fincken-
stein auf Gilgenburg, erbaut sein: wenigstens
findet sich diese Inschrift in der Wetterfahne
des Thurmes x). Die Kirche ist ein Rechteck von


x)Vgl. jedoch die Inschriften auf den Glocken, unten;

Auswertung Teil 2

40×28 Fuß und 15 Fuß Höhe der Mauern; in der Längsaxe
vor der Westseite steht der Thurm von 20 Quadratfuß Fläche,
zweigeschossig, mit achteckigem Holzaufsatz und doppelter
Zwiebelspitze. Die Fenster, 5 Fuß hoch, 4 Fuß breit, sind im
Stichbogen gedeckt; ebenso die beiden Thüren, deren
eine durch den Thurm, die andere durch die Mitte der
Südseite führt. Vor letzterer ist eine Vorhalle aus
Fachwerk. Die Kirche und der Thurm sind aus
Ziegeln gebaut und geputzt. An der Ostseite sind zwei,
an der Südseite ist ein Strebepfeiler angesetzt. Die
Decke ist flach, das Dach mit Pfannen gedeckt. – Die
Sacristei ist ein Anbau am Ostende der Nordseite.

Skizze und Grundriß der Kirche
Grundriß und Skizze der Kirche (um 1850)
Die Zeichnungen stammen vermutlich von Adolf Bernhard Gutowski,
er war zu dieser Zeit Pfarrer in Gardienen
Auswertung Teil 3

Altar und Kanzel bilden ein Ganzes.-
Ein schwebender Taufengel. – Zwei
Glocken; auf der größeren steht: Anno
Domini 1633. Felix Kikoll die Zeit Haupt-
mann auf Neidenburck. Goss mich Nikolaus
Schmidichen; auf der anderen von 1697 ist
der Erbamtshauptmann Ernst Finck auf
Gilgenburg als Patron genannt. – Keine
Orgel. – Ein silberner Kelch nebst Patene
von 1681. – Das Kirchensiegel zeigt eine
Kirche.
Anmerkung. – Am südlichen Ende des Dorfes neben der
nach Neidenburg führenden Poststraße liegt
eine hohe Schanze, etwa von 50 Schritt Durch-
messer und „Schwedenschanze“ genannt.

Kirchensiegel
Kirchensiegel
Anmerkungen:

Nach Dehio-Gall 1) war bereits 1436 in Gardienen eine Kirche vorhanden, von der wohl aber nichts mehr erhalten ist. Der Unterbau des Turmes stammt von einem Erneuerungsbau von 1596, der Oberbau von 1743. 1931 wurde die Kirche restauriert und dabei auch der Oberbau des Turmes verändert. 1945 wurde sie zerstört und bis 1990 wiederaufgebaut. Mehrere kleine Figuren vom Altar befanden sich in Königsberg (Sammlungen im Schloß).

Zeichnung Schwedenschanze
Burgberg »Schwedenschanze« in Gr. Gardienen
Zeichnung von Gustav Boltner

Bei der »Schwedenschanze« handelt es sich um einen Burgwall am Südende des Gardiener Sees. Die Bezeichung »Schwedenschanze« für solche Burgwälle ist aber in vielen Fällen irreführend, da sich sogenannte »Schwedenschanzen« auch an Orten befinden, die niemals schwedische Truppen gesehen haben dürften. Im 17. Jahrhundert waren schwedische Truppen im Herzogtum Preussen und vielleicht wurde der Gardiener Burgwall zu dieser Zeit von der Bevölkerung als Fliehburg genutzt oder es verschanzten sich dort schwedische Truppen, jedenfalls wurde er von der Bevölkerung mit den Schwedenkriegen in Verbindung gebracht.

Er war aber schon zu prussischer Zeit als Rückzugsmöglichkeit in kriegerischen Zeiten vorhanden, was durch Ausgrabungsfunde (Scherben von Wirtschaftsgeräten und Knochen von Haus- und Jagdtieren) belegt ist. 2) Auch der aus Klein Koslau gebürtige Lehrer Gustav Boltner berichtet in seiner unveröffentlichen Schrift »Heimat an der Skottau« aus dem Jahre 1969 über den Burgberg in Gardienen. Auch er schreibt, dass der Burgberg im Volksmund Schwedenschanze hieß und mit den Schwedenkriegen in Verbindung gebracht wurde. Er sei aber viel älteren Ursprungs und entstammt höchstwahrscheinlich den kriegerischen Zeiten aus dem 9. bis 12. Jahrhundert. Auch kultischen Zwecken könnte er gedient haben. Daher die Behauptung, in dem Namen »Schweden«-Schanze, stecke der aus dem baltischen stammende Begriff Šventinė oder das slawische Sventana. Beides bedeutet heilig.

Ein Foto der »Schwedenschanze« ist unter https://neidenburg.de/bildarchiv/gardienen/zu finden.


Quellen / Literatur / Anmerkungen:

1) Dehio-Gall, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, München – Berlin 1952 S. 266
Dehio – Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostpreußen, München 1993 S. 198
2) vgl. Bericht von E. Lemke über den Burgberg in Groß Gardienen in Zeitschrift für Ethnologie – 16. Band 1884, S. 442 ff.


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